Osmose ???

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rien
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Osmose ???

Beitrag von rien » Samstag 10. Dezember 2005, 15:04

Hallo Freunde,
auf den Suche nach einen schönen Vindo habe ich dass folgende bemerkt:

Ich habe feuchtigkeitsmessingen gemacht (unterwasserschiff) bei einen V45.
einen seiten war ganz trocken; und die andere Seite war nass.
Messungen gemacht mit einen Skipper Feuchtmesser, spezial fur kunststof!

Ich weiss dass viele Vindö,s "nass"sind aber ich habe noch keinen vindö mit osmose gesehen!

Was für Probleme kann ich entgegnen bei diesen V45??
Hat jederman erfahrungen??

Grüsse
rien aus Holland :blues:

vindoede
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Beitrag von vindoede » Sonntag 11. Dezember 2005, 10:27

Moin Rien,

eine Vidö mit Osmose habe ich auch noch nicht gesehen.

Zur Feuchtigkeitsmessung bei der V45:

Wie arbeitet das Gerät ?
Hast Du auf dem Antifouling gemessen oder hast Du vorher abgekratzt?

Ich kann mir schon vorstellen, dass ein Schiff wenn es jahrelang an dem selben Liegeplatz liegt und wenig bewegt wird unterschiedliche Messwerte zeigt.
Gruss aus Flensburg
Heinrich

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Beitrag von Hans Werner » Sonntag 11. Dezember 2005, 13:04

Hallo Rin,

auf Deine Frage! Wenn hohe Feuchtigkeitswerte im Laminat gemessen werden, ist eine Osmosesanierung nötig.

Jan Kuffel und Alexander Schlösser, beschreiben in der letzten Ausgabe Nov./ Dez. Palsteg Seite 98-109 das Thema Osmose ausführlich.

Zu Deiner Frage:

Jedes Laminat enthält mehr oder weniger Feuchtigkeit gleichgültig aus welchem Harz es besteht. Das ist völlig normal. Hohe Feuchtigkeitswerte sind lediglich ein Hinweis auf eine erhöhte Osmosegefahr. Ob ein Zerstörungsprozess im Gange ist oder nicht, hängt von der verwendeten Qualität des Harzes und der Verarbeitung ab.

Da auch mir bis heute noch keine Osmoseschäden an Vindöyachten bekannt geworden sind, solltest Du mit Ruhe an die Sache herangehen.
Priem v. Hannover
Hans Werner

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Beitrag von junamaus » Sonntag 11. Dezember 2005, 13:59

hey rien,

kann es sein, das auf der feuchten Seite an den Stellen von innen Teile waren wie Tanks, Bilge?

Gruß
Bernhard

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Beitrag von air-stord » Sonntag 11. Dezember 2005, 18:10

moin rien,
als alter plastikbootfahrer kann ich dir mal meine erfahrungen mitteilen-ob sie dir helfen, keine ahnung.

H.W.Stucke sagte es schon, wenn kein osmoseprozess gestartet wurde-gehe mit ruhe daran.

zudem gibt es sogenannte pseudo-osmose, ist keine hat aber auch bläschen :smhair:
also ohne bläschen-nur erhöhter feutigkeitsanteil-kein grund zur panik !!!!!

ich hatte durch ein falsches temperverfahren (französisches boot) bläschen am rumpf-man konnte genau die GFK-matten lage erkennen.

war aber nix :sabbel:
genau hier liegt auch der vorteil der vindös-sie wurden nicht getempert-sondern langsam ausgetrocknet - die bestandteile die mit wasser zusammen osmose auslösen sind komplett verdunstet ( tom hilf mir-bin kein chemiker) bei getemperten booten werden diese eingeschlossen, da natürlich erst die ausenlagen härten.
ist aber nun wirklich eine andere storry.
mein vorschlag!!!

falls du zeit hast und dir die arbeit für ein gutes gefühl machen willst ( ich mache es auch) schleif das unterwasserschiff bis auf das gelcoat ab.
lass es den ganzen winter austrocknen - dann VC-TAR drauf, oder gelshield.
TAR ist einfacher zu verarbeiten und verläuft besser.

habe auch noch nie eine vindö für eine osmosesanierung gesehen, aber......es beruhigt, diesen arbeitsgang gemacht zu haben :yelclap:

grüßle vom see
max
ich liebe holz-wenn es nicht rott ist

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Beitrag von TomM » Sonntag 11. Dezember 2005, 19:37

Hat ja lange gedauert bis das Thema Osmose hier her kam :mrgreen:

So nur mal vom Grundsatz her, wie die gefürchtete "Bläschenkrankheit" überhaupt "funktioniert".

Grundsätzlich bezeichnet man als Osmose, oder besser osmodischen Druck das Bestreben einer Flüssigkeit oder eines Gases überall im "Raum" eine gleichmäßige Konzentration zu Erreichen. Wasser (auch Gase, aber wir reden ab nun nur noch von Wasser) löst Salze. Wenn ich nun z.B. einen Löffel Zucker in den Tee gebe, dann habe ich eine Stell mit hoher "Salzkonzentration" und drumherum eine niedrigere Salzkonzentration. Die Osmost führt nun dazu, dass sich ohne jedes Zutun in dem Tee eine gleichmäßige Zuckerkonzentration einstellen wird. Diesen Vorgang bezeichnet man als Osmose! Die "Macht" mit der dies erfolgt - Kraft! wird als osmodischer Druck bezeichnet und ist messbar.

Soweit so gut - was bedeutet dies nun für eine Laminatschicht?

Grundsätzlich ist Polyesther nicht so Wasserdicht, wie es zunächst scheint. Wasser, in Form von Wasserdampf, diffundiert ducrch Polyester und zwar in recht großen Mengen. Irgendwann stelt sich hinsichtlich des Feuchtegehalts ein Gleichgewicht ein. Wasser(dampf) diffundiert hinein und hinaus und alles ist wunderbar.

Nun gibt es zwei Problempunkte:
  1. Das Harz enthält mehr oder weniger große Lufteinschlüsse. Damit kann der Wasserdampf innerhalb dieser "Luftblase" kondensieren. Dadurch verändert er seine Teilchegröße und kann nicht mehr hinaus - es entsteht ein Druck durch Volumenänderung, das Laminat kann "gesprengt werden! Theoretisch kann dies über die gesamt Lebenszeit eines Laminats entstehen. In der Praxis hat man nach einigen Jahren auch hier ein ausgeglichenes Potential (Konzentration) und es wird sich i.d.R. kein Überdruck mehr bilden.
  2. Das Harz enthält (z.B. durch Fehldosierung( nicht reagierte Bestandteile an Härter oder Harz. Nun spielt die Osmose in der Herkunft (siehe oben) eine Rolle. Das Wasser löst Harzbestandteile - die Konzentration steigt. Außen um das Boot herum und auch im Laminat gibt es Wasser und Wasserdampf mit niedriger Konzentration an gelöstem Harz. Folglich wird immer mehr Wasser zu der hohen Konzentration "wandern" nun ist aber nicht genug Platz für soviel Wasser - es entsteht ein Überdruck, das Laminat wird aufgesprengt und in der Außenhaut entstehen die sichbaren Bläschen. Aufgestochen riechen diese entweder aminisch (toter Fisch) oder nach Essig, je nach verwendetem Harz/Härter.
Was heißt das nun?

Ziemlich einfach - Osmose (als Austausch) findet immer statt.
Wenn ein Stoff (bei uns das Laminat) alt genug ist, dann hat sich das Gleichgewicht eingestellt eine Schädigung durch Osmose ist nicht mehr zu erwarten sofern sich die Umweltbedingungen nicht ändern (Schiff kommt von der Nordsee in das Mittelmeer).

Generell ist eine Osmoseschädigung bei Schiffen die älter sind als 7 bis 8 Jahre die wirkliche Ausnahme. Das Aufbriingen von "Osmoseschutz auf ältere Schiffe kann sogar des osmodische Gleichgewicht so empfindlich stören, dass es zu Schäden kommt, die ohne den Schutz nicht aufgetreten wären.

Und wer das alles nich glauben mag, der werfe einen Blick in die Biologie (die anwesenden Mediziner mögen das bestätigen) Osmose ist der Prozess, der den Stoffwechsel erst möglich macht. Salze, Spurenelemente etc. werden durch Osmose in die Zellen transportiert. Wenn nun einer Entsalztes Wasser trinkt, werden diese Mineralstoffe ausgeschwemmt und die Wasserspeicherung versagt. Ebenso ist es wenn man Salzwasser trinkt so, dass das Wasser aus den Zellen "gezogen" wird um man verdurstet. Laienhaft - doch ich glaube vor dem Hintergrund
verständlich.

Was heißt das nun für die 45 von rien?

Das Laminat ist feucht (wenn das Antifouling vorher abgekratzt war) warum auch immer, aber Osmoseschäden hat es offensichtlich nicht. Problematisch könnten Frostschäden werden, die nun das Laminat aufsprengen. Natürlich muß man herausfinden wo die Feuchte herkommt aber Osmoseschäden? Nein, daran glaube ich nicht, nicht bei einem 20 Jahre alten Schiff.
so long -> Tom

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Beitrag von rien » Sonntag 11. Dezember 2005, 23:38

hallo leute,
danke für die Antworte.

Was bei diesen 45 fremd war ,dass einen seite ganz trocken war und die andere seite ganz nass( uber einen stuck von 1,5 - 2 m2 ).
Lautr den Eigner hat er vor 2 jahre dass ganze unterwasser schiff entfernt von antifouling, und einen osmoseschutzsystem auf den gelcoat angebracht.

Dass unterwasserschiff seht ganz gut aus; nur im rumpf oben gibt es an einen seiten einigen Kratzen von ung. 30 cm lange!

Ich muss mir uber denken diese V45 zu kaufen; vielleicht kann ich noch den V50 von Ricko ansehen!

Schönen Gruss

Rien :blues:

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Vindö ohne Osmose

Beitrag von Thettis » Mittwoch 1. Februar 2006, 23:46

Hallo zusammen,

ein Onkel von mir war ebenfalls Segler auf der Ostsee. Er berichtete
mir, (beim Kauf unserer Vindö) über den guten Osmoseruf der Klasse.
Aber auch dass sein Stegnachbar auf einer V50 davon ausgeschlossen
war und eine teure Osmosesanierung durchführen mußte.

Gruß
Christian

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Beitrag von peppa » Mittwoch 18. Oktober 2006, 18:23

Ich möchte das Thema auch noch mal aufgreifen, weil ich grad nicht genau weiß, wie ich jetzt weiter vorgehen soll. Grundsätzlich sind alle obigen Stellungnahmen ja ganz beruhigend. Trotzdem schaffe ich es nicht ganz, mich der Osmose-"Hysterie" zu entziehen.

Heute haben wir aufgeslippt. Bei mir große Vorfreude, weil das Schiff (V40, Bj. 73) auf die Werft kommt, um der Außenhaut ein neues Kleid zu spendieren. Bei der Gelegenheit habe ich das U-Schiff dann mal etwas genauer überprüft und tatsächlich ist mir speziell unterhalb des Wasserpasses auf der Bb-Seite (etwas weniger an Stb) eine gewisse Blasenbildung aufgefallen. So ganz klassisch also. Habe dann ein paar aufgekratzt, bei einigen trat ein wenig Flüssigkeit aus. Egal wie häufig ich dann daran gerochen habe, ich war mir nie sicher, ob das jetzt nach Essig riecht oder nicht doch vielmehr nach dem feuchten Antifouling. Das blöde Gefühl im Magen bleibt.

Hm, jetzt auf der Werft sind jetzt natürlich Fachleute, die könnten u.U. die Feuchtigkeit im Laminat messen, doch die Beiträge hier lassen mich zweifeln, ob ich danach wirklich schlauer bin. Macht es Sinn, das U-Schiff jetzt gleich einer vernünftigen Präventivbehandlung zu unterziehen oder bin ich jetzt etwas übertrieben panisch.

Kostet ja alles Geld, das will gut überlegt sein - was wäre denn für Euch der nächste Schritt??
Grüße aus Hamburg
Andreas

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Beitrag von vindoede » Donnerstag 19. Oktober 2006, 07:58

Moin,

zunächst mal solltest Du herausfinden, ob die Blasen nur im Antifouling sind, oder ob sie durchgehen bis ins Laminat.

Ich vermute mal, dass Du feststellen wirst - nur im Antifouling -

Wenn die Aussenhaut sowieso bearbeitet wird, solltest Du im Unterwasserschiff auch gleich eine Epoxygrundierung aufbringen. Das setzt allerdings Osmosefreiheit voraus.

Ich rate schon jetzt, dass die Feuchtigkeitsmessung im Laminat ergeben wird, dass auf einer Schiffsseite die Feuchtigkeit höher ist.
Gruss aus Flensburg
Heinrich

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Beitrag von Thettis » Montag 23. Oktober 2006, 18:49

Ich möchte einmal auf die Haarrisse hinweisen.

Rien erwähnte in seinem letzten Beitrag Risse über der Wasserlinie.
Ist das Gelcoat beschädigt (das ist bei einem Haarriss der Fall!) dringt Wasser in das Laminat. Mit der Zeit lösen sich die einzelnen Matten von einander ab. Sichtbar ist dies eigentlich nur wenn das Gelcoat mit einem Winkelschleifer entfernt wird. Das helle Laminat hat sich abgelöst, das dunkle ist noch zu gebrauchen.
Je länger das Gelcoat offen ist, umso größer wird auch der Schaden.
Viele Leute spielen das Problem runter, doch wie groß eine Baustelle von zwei 30cm langen Haarissen werden kann, ist hier schön zu sehen:
http://www.wegenerjachtwerft.de/_rep_kunstst.html
In diesen Beispiel ist die Feuchtigkeit nicht nach unten, sonder nach oben gewandert.

Bei unseren Boot haben wir alle Haarisse (die bei der Vindö eigentlich nur durch schlechte Anlegemanöver entstehen) versiegelt.


schönen Gruß
Christian
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Beitrag von TomM » Montag 23. Oktober 2006, 22:40

Moin Christian,

das Thema Osmoseschäden ist ein Reitzthema. Ich hab am Ende keine Ahnung, wieviele Werften und andere Reparaturbetriebe beim leisesten Kratzer laut OSMOOOOSE rufen.

Irgendwo hab ich es schon mal gepostet. Zu Beginn sollte man sich bei allen Schädigungen um die Begrifflichkeiten klar sein.

Osmose ist ein völlig normaler, natürlicher Prozess, der neben in diversen Materialien auch in unserem Körper abläuft. Ohne Osmose gäbe es keine Närstoffaufnahme und keine Abführung von schädlichen Resten. Das ist bei Lebewesen so und bei Pflanzen und bei Steinen und sogar in der Erde.

Genau darin liegt doch die Krux begraben, weil Osmose ein so natürlicher Prozess ist findet sie eben statt - auch, und zwar ziemlich kräftig, in gesundem Laminat und sogar nicht nur bei Polyester sonder auch bei dem Wunderprodukt Epoxidharz.

Was schlimm wird, ist der Moment in dem es zu Osmoseschäden kommt.

Osmoseschäden entstehen im Polyesterharzlaminat simpel. Sie erklären sich aus dem osmodischen Druck, der zunächst mal gar nichts mit dem physikalischen Druck zu tun hat.

Was läuft ab? Wasser gibt es ja nicht nur flüssig, sondern auch als Dampfphase und als gelösten Dampf in der Luft (Luftfeuchtigkeit). Naturgemäß ist die Luftfeuchtigkeit über einer Wasseroberfläche höher als über einem trockenen Medium. Nun ist es ein physikalisches Gesetz, dass sich alle Moleküle und Atome und Ionen gleichmäßig verteilen wollen. Das ist bei Gasen, bedingt durch die leichte Beweglichkeit der einzelnen Atome/Moleküle besonders ausgeprägt, sie streben danach jeden Raum vollständig und gleichmäßig auszufüllen. Dabei werden auch Festkörper durchdrungen und als Verteilungsraum genutzt. So löst sich z.B. Sauerstoff nicht unerheblich in Eisen, Stahl und Edelstahl. Das Resultat dieser Lösung kann, beim Eintreten bestimmter Faktoren zu dem führen was Autofaher fürchen, zu Rost. Ebenso verhält es sich mit Wasserdampf (gasförmigem Wasser). Dabei ist es dem Wasser zunächst mal egal ob es in Stahl eindringt oder in Polyesterlaminat. Die einzige Abhängigkeit, die es dabei gibt, ist die Molekülgröße, soll heißen Wasser kommt eben in den Stoff nicht hinein, der keine "Öffnungen" hat die groß genug für Wasserdampf sind. Dies ist aber weder bei Stahl noch bei Polyester oder bei Epoxidharz der Fall. Das gasförmige Wasser "pfeift" hindurch.

So weit, so gut. Nun hat Wasser eine unangenehme Eigenschaft. So, wie es in die Gasphase übertritt, so kondensiert es auch wieder zu flüssigem Wasser. Das ist eine Frage des sog. Sättigungsdampfdruckes, ist der Überschritten, dann kommt es zur Kondensation - im Moment sehr deutlich jeden Morgen an der Taubildung zu sehen. Da kommt doch auch schon das Stichwort, der Taupunkt. Natürlich ist der Sättigungsdampfdruck von der Temperatur abhängig und die Menge gasförmigen Wassers wird mit zunehmender Temperatur höher und mit abnehmender geringer. Also wird heiße Luft, die abkühlt kondensieren - der Taupunkt wird erreicht und das Wasser geht in die flüssige Phase über.

Nun kommt noch ein dritter, und für jedes Leben wichtiger, Punkt hinzu. Oben habe ich es schon angedeutet. das Streben nach gleichmäßiger Verteilung betrifft nicht nur Gase, sondern auch Flüssigkeiten und genaugenommen sogar Festkörper (wobei es bei den letztgenannten eher zu vernachlässigen ist aber im Weltraum ohne Schwerkraft selbstverständlich stattfindet).

Was geschieht denn nun bei einem Osmoseschaden?

Wir vernachlässigen nun erst einmal ob es Polyester oder Epoxidharz ist.

Das gasförmige Wasser dringt in das Laminat ein und verteilt sich dort gleichmäßig. Polyester können bis zu 10% Wasserdampf aufnehmen. Nun kühlt es ab, das Wasser will kondensieren, hat dazu aber keinen Platz. Der Druck steigt, damit die Temperatur und das Wasser bleibt in der Gasphase. Das geschieht jede Nacht und ist nicht weiter beunruhigend, denn so ein einzelnes H2O Molekülchen kann nicht einen Druck ausüben, der dem Laminat schaden würde. Wenn aber im Laminat Lufteinschlüsse sind, dann kondensiert das gasförmige Wasser dort zu flüssigem Wasser. Wenn nun zufällig dort auch noch nicht reagierte Harzbestandteile sind, dann werden diese vom Wasser gelöst (das ist ein langsamer Prozess). Damit ist aber etwas geschehen, was gar nicht gut ist, denn ich habe Wasser mit einer hohen Konzentration an gelöstem Polyethylenterephthalat oder Polycarbonat (den Monomeren für Polyesterharze (PEs)). Tja und nun kommt die Osmose ins Arbeiten, das niedrigkonzentrierte Wasser will zum hochkonzentrierten Wasser, dieses verdünnen, damit der friedliche Zustand der gleichmäßigen Verteilung wieder erreicht wird. Das hochkonzentrierte ist durch das Lösen der Monomere zu "dick" geworden und kann nicht mehr heraus aus seiner Luftblase - also dringt immer mehr Wasser hinein in die Luftblase. Durch die Lösung werden aber Dampfdruck und Verdunstung (Übergang zur Gasphase) dahingehend verändert, dass höhere Temperatur notwendig ist. Der Druck im Inneren der Luftblase steigt, er steigt soweit, dass es zur Delamination kommt - der Osmoseschaden ist sichtbar. die Brühe die beim Aufstehen herausläuft riecht nach Essig, einem Produkt der Estergruppe ( C-O-O- ) das mit Wasser zur Essigsäure ( CH3COOH )reagiert.

So, lange Schreibe kurzer Sinn. Laminate, die länger im Wasser lagen, haben diese Feuchtesättigung schon lange hinter sich. Wenn sie nach ca. 10 Jahren keine Osmoseschäden aufweisen, kann man diese getrost als stabil bezeichnen. Bei tieferer Durchdringung des Laminats kann es dennoch zu Osmoseschäden kommen, denn es können sich ja in tieferen Schichten unreagierte Polyester- oder Epoxidmonomere befinden. Diese tiefen Schäden werden aber sicher nicht "öffentlich", denn die Delamination findet eben in der Tiefe statt und eine Blasenbildung kommt kaum noch vor. das wäre nur durch Feuchtemessung und Prüfbohrungen sicher zu erkennen - trotzdem können natürlich strukturelle Schäden die Folge sein. Aber das ist vielleicht für die Luftfahrt interessant, bei unseren Schiffen können wir das sehr wahrscheinlich vernachlässigen. Unsere Strukturschäden kommen eher von den Dauerbelastungen des Segelns und nicht von der Osmose.

Der graue Rand unter den Haarrissen ist etwas ganz anderes, hier geht es um Verwitterungen und Kunststoffkorrosion, die selbstverständlich bei ungeschützter Oberfläche auftreten, aber ganz sicher nicht zum Totalverlust führen.

So, wer es bis hier her geschafft hat zu lesen - Gratulation! :elch:
so long -> Tom

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Beitrag von Thettis » Dienstag 24. Oktober 2006, 20:45

Hallo Tom,

vielen Dank für deine ausführliche Erklärung. Sie ist für mich "nicht Chemiker" sehr gut verständlich gewesen.

Generell unterscheide ich zwischen Osmose und Kunststoffkorrosion. Letztere treten oft verdeckt auf und sollten auch nicht vernachläßigt werden.
Unser Freund der die Reparatur im oberen Beispiel durchführte erzählte dass von der gesamten Materialstärke der Außenhaut nur noch zwei Millimeter stehen blieben, um die nötige Form zu erhalten. Das komplette Laminat war nicht mehr intakt. Ein schlechtes Anlegemanöver mit großen Druck oberhalb der Risse hätte hier schlimmen Schaden hervorrufen können.

Gruß
Christian
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Beitrag von TomM » Dienstag 24. Oktober 2006, 20:57

Moin Christian,

das steht ja alles schon etwas weiter oben drüber - eben mit anderen Worten :elch:

Aber mir gehen halt einfach die Haare hoch, wenn ich immer und immer wieder Osmose lesen muß. Es gab mal eine Zeit in der die Franzosen, Janneau, besonders und auch Gib Sea stark betroffen waren. Da wurde aber nachweislich mit dem falschen Harz gearbeitet. heute ist das eher selten und unsere Vindö's haben damit eigentlich nichts am Hut - das liegt vor allem am Handauflegeverfahren bei dem Lufteinschlüsse seltener sind wenn ordentlich gearbeitet wird.

:wink2:
so long -> Tom

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Beitrag von peppa » Mittwoch 25. Oktober 2006, 21:49

Ich habe jetzt einige teurere Erkenntnisse erlangt. Nachdem das Schiff nun einer ersten Begutachtung unterzogen wurde, ist zumindest eine Osmosewahrscheinlichkeit doch eher gering. Heinrichs These (Danke dafür!) ist wohl zutreffend.

Trotzdem ist das Laminat ziemlich feucht, was auch immer das heißen mag, und die empfohlene Expoxid-Versiegelung erfordert offensichtlich die Beseitigung von Hohlräumen zwischen Gelcoat und Laminat.

Saurer Apfel so was - aber irgendwann scheint eine substantielle Investition wohl unvermeidbar. Mal schauen.
Grüße aus Hamburg
Andreas

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